Workshop und Konzert mit Zawinul Legacy Band 3.0 und Tony Zawinul am Institut für Popularmusik (ipop) und in Grafenegg

 

Workshop

 

von Günther Wildner und Markus Geiselhart

Am 1. Juni 2024 fand im Wolkenturm in Grafenegg unter dem Titel „Joe Zawinul’s Music Odyssey“ ein spektakuläres Konzert statt. Daran beteiligt waren die „Zawinul All Star Big Band“, das radio.string.quartett erweitert zu einem Streichorchester, u.a. mit dem inn.wien ensemble und die Zawinul Legacy Band 3.0.

In der „Zawinul All Star Band“, sowie im Streichorchester, als auch im großen Finale, welches von dem mdw-Lehrenden Markus Geiselhart geleitet und arrangiert wurde, waren auch Studierende der mdw beteiligt.

Drei Tage vor diesem Konzert Highlight gab die Zawinul Legacy Band 3.0 und Tony Zawinul, der älteste Sohn von Joe Zawinul, einen Workshop am Institut für Popularmusik an der mdw. Die Zawinul Legacy Band 3.0 ist besetzt mit der Crème de la Crème der amerikanischen Jazz- und Fusion Szene. Der Percussionist Bobby Thomas jr. wurde bereits 1980 Mitglied von Joe Zawinul’s legendärer Formation „Weather Report“, der Bassist Gerald Veasley war 1988 der erste Bassist in Joe Zawinul’s Syndicate, die Pianistin und Keyboarderin Rachel Z arbeitete u.a. mit Wayne Shorter, Marcus Miller und Peter Gabriel zusammen, der Saxophonist Bob Franseschini tourte mit Chaka Kahan oder ist Mitglied im Quartett von Mike Stern. Und nicht zuletzt der Schlagzeuger Omar Hakim, der 1982 Mitglied bei Weather Report wurde und in seiner Karriere in den vergangenen 40 Jahren von Miles Davis, David Bowie, Sting, Madonna bis hin zu Daft Punkt mit fast allen spielte die in der Jazz- und Pop-Szene von Rang und Namen sind.

Der Workshop-Tag begann mit einem Vortrag von Tony Zawinul, dem ältesten Sohn von Joe Zawinul. Er fokussierte in seinem Vortrag „How to Survive as an Indie Artist“ auf grundsätzlich und notwendige Softskills, Voraussetzungen und Einstellungen für Musiker:innen hinsichtlich ihrer künstlerischen Karriereentwicklung.

Unter den Schlagwörtern und Themen “Be original”, „Find your own way and path”, “Believe in your thing”, “Constant development” und „Manage your time, manage your money“ entwarf er ein aktuelles Anforderungsprofil, das hohe inhaltliche Ansprüche, Konzentrations- und Selbstmanagementfähigkeiten von Musiker:innen mit einer geglückten Work Life-Balance zu verbinden versteht.

In einer abschließenden Q&A-Runde bestärkte er die zahlreich anwesenden Studierenden zu maximal individuellen Wegen in ihrer künstlerischen und wirtschaftlichen Entwicklung.

Im Anschluss an diesen Vortrag startete der Workshop mit der Legacy Band. Bei ihrer eigene Performance der Musik von Joe Zawinul stellten die Bandmitglieder neben ihrer beeindruckenden Musikalität und Virtuosität besonders ihr Verständnis dieser Musik unter Beweis. Genau in diese Richtung ging auch das Coaching für die Workshopteilnehmer:innen. Saxophonist Bob Francescini klaschte mit dem Auditorium sich überlagernde binare und ternäre Rhythmen und zeigt auf diese Weise die Nähe von südamerikanischen Musiken und Jazz bzw. Fusion Music. Mit dem gemeinsam gefühlten und etablierten Feeling für dieses „schwingende“ Spiel beschrieb er auch die optimale Musizierhaltung für Zawinuls Musikkosmos: Rhythmus und Dynamik seien letztendlich wichtiger zu nehmen als Melodien und Harmonien. Zawinuls Musik sei als brodelnder Teppich zu begreifen und referenziere weniger auf traditionelle Themen- und Improvisationsabfolge sowie Funktionszuschreibungen für die Instrumente.

Es wurde deutlich, welche zentrale Rolle und Bedeutung dem Zusammenspiel und der Rücksichtnahme aller Bandmitglieder zukommt. Um dies zu verdeutlichen erzählte Schlagzeuger Omar Hakim von seiner ersten Zusammenarbeit mit Wheater Report. Nur wenig Zeit war in tatsächlich musikalische Proben geflossen, vielmehr schuf Joe Zawinul ein Atmosphäre der Gemeinsamkeit mit Kaffee-Trinken, Plaudern und Spaß haben, um ein kollektives Einverständnis und Vertrauen unter den Musiker:innen zu schaffen – als Basis für hochwertigen künstlerischen Austausch und Begegnungen auf der Bühne.

Anschließend gaben die Bandmitglieder individuellen Instrumentalworkshops mit den Studierenden ihrer Instrumentengruppe. Diese einstündige Workshop-Einheit war sehr bereichernd für alle teilnehmende Studierende. Bei der Percussion-Gruppe von Bobby Thomas jr. waren auch Studierende von David Panzl, vom Leonhard Bernstein Institut anwesend.

E-Bassist Gerald Veasley spielte bei seinem Instrumentenworkshop ausführlich für die anwesenden Studierenden und schaffte es dabei, sein Musikverständnis so konzise wie wortlos begreifbar zu machen.

Als Ausgangspunkt für vielfältige und spannende Improvisationen setzte er seine eigenen emotionalen Zustände, und führte vor, wie unterschiedlich er spiele, wenn sich sein inneres Empfinden ändert. Das Ergebnis seien Geschichten aus Musik, die in der Welt des/der einzelnen Musiker:in die Herausbildung einer eigenen Sprache anstoßen. Weiters empfahl Veasley das Spiel mit ausschließlich der linken Hand. Die Verbesserungen hinsichtlich Genauigkeit, Timing und Sound für das Spiel mit zwei Händen sein enorm. Basis für die musikalische Weiterentwicklung sind in seiner Sicht die Pflege von Jazz-Standards und das Lernen von Melodien. Tipps zur Entwicklung von Schnelligkeit und die Entschlackung von Grooves zu Übungszwecken und zur Verbesserung des Timings rundeten das gelungene, inspirierende und kollegiale Zusammensein ab.

Für eine letzte Workshop-Einheit wurde für ein Bandcoaching eine Studierenden-Band zusammen gestellt. Die ipop-Studierenden Stefan Eitzenberger (Saxophon), Giuliano Sannicandro (Gitarre), Alexander Vounelakos (Keyboard), Valentin Ak (Bass), Robin Weber (Schlagzeug) und Johannes Gungl (Percussion) spielten der Zawinul Legacy Band einige Zawinul-Kompositionen vor, welche in den vergangen 2 Jahren im Rahmen der „Zawinul 90“-Triologie mit der big.mdw.band erarbeitet wurden. Die Legacy-Band gab den Studierenden wertvolle Tipps für das Zusammenspiel und gab Ihnen Übungen für weitere individuelle Verbesserungen an die Hand.

Nach knapp 5 Stunden endete der Workshop. Er war für alle teilnehmende Studierende inspirierend und bereichernd.

 

Konzert am 1. Juni 2024 in Grafenegg

 

von Tommi Neubauer

 

Am 1. Juni 2024 fand im Wolkenturm von Grafenegg (Österreich) ein außergewöhnliches Konzert zu Ehren des legendären Jazzmusikers Joe Zawinul statt. Das Highlight des Abends war die Weltpremiere von Zawinuls „Mediterranean Suite„, einem bisher unveröffentlichten Orchesterwerk. Das Konzert wurde von der Zawinul All-Star Big Band unter der Leitung von Markus Geiselhart eröffnet. Diese Band setzte sich aus renommierten Jazzmusikern sowie talentierten Studenten der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien zusammen.

Das Konzert in Grafenegg bot ein vielfältiges musikalisches Erlebnis, das durch die Kombination verschiedener erstklassiger Musiker und Ensembles geprägt war. Besonders hervorzuheben ist die Beteiligung des radio.string.quartet und des Pianisten Michael Hornek.

Der Abend war eine musikalische Reise durch Zawinuls vielfältiges Werk. Zu den herausragenden Darbietungen zählte die Performance der Zawinul Legacy Band 3.0, die aus ehemaligen Mitgliedern von Zawinuls berühmten Bands Weather Report und Zawinul Syndicate bestand. Musiker wie Omar Hakim(Schlagzeug), Bobby Thomas Jr. (Percussion), Gerald Veasley (Bass), Rachel Z (Keyboards) und Bob Franceschini (Saxophon) boten eine beeindruckende Show mit Klassikern wie „Man in the Green Shirt“ und „Black Market„​​.

Den Auftakt des Abends bildete der Tune „Procession„. Markus Geiselhart hat Zawinuls Musik perfekt für Bigband arrangiert. Er zeigte eindrucksvoll, dass die ursprünglich für Fusion-Rock komponierten Stücke nichts an Frische und Energie verloren haben. Die Rhythm-Section der Zawinul All-Star Big Band führte das Publikum äußerst dynamisch in die Welt Zawinuls ein. Mit voller Energie und einem kräftigen Groove präsentierte die Bigband das von Salif Keita komponierte Stück „Waraya„, das Zawinuls Liebe zur afrikanischen Musik eindrucksvoll unter Beweis stellte. „Patriots„, das durch seine rhythmischen Strukturen und melodischen Linien besticht, wurde durch die kraftvolle Interpretation und das Zusammenspiel der Musiker zu einem der Höhepunkte des Abends, der das Publikum in die vielfältige und dynamische Welt von Zawinuls Musik eintauchen ließ. „Orient Express“ ist bekannt für seine dynamischen Rhythmen und komplexen Melodien. Die Zawinul All-Star Big Band brachte dieses Stück mit beeindruckender Präzision und Energie auf die Bühne. Die Kombination aus erfahrener Leitung und dem Talent der Bandmitglieder schuf eine mitreißende Interpretation, die das Publikum begeisterte.

Nach einer kurzen Umbaupause brachte das radio.string.quartet, bestehend aus Bernie Mallinger (Violine), Igmar Jenner (Violine), Cynthia Liao (Viola) und Sophie Abraham (Cello), eine einzigartige Klangfarbe in die Aufführung. Das Ensemble ist berühmt für seine innovativen Arrangements und seine Fähigkeit, klassische und moderne Musikstile zu verbinden. Ihre Interpretation der „Mediterranean Suite“ von Joe Zawinul, die an diesem Abend uraufgeführt wurde, war ein Höhepunkt des Konzerts​.
Michael Hornek, ein herausragender Solist und Pianist, ist für seine Vielseitigkeit und technische Brillanz bekannt und brachte eine zusätzliche Tiefe in die Darbietungen. Seine Zusammenarbeit mit dem radio.string.quartet war ein wesentlicher Bestandteil des musikalischen Erfolgs des Abends​​.

Die Zawinul Legacy Band 3.0 hatte sowohl zeitlich als auch lautstärkenmäßig den meisten Raum des Abends. Mit den Zawinul-Klassikern „Man in the green shirt„, „Corner Pocket„, „The Juggler„, „Black Market„, „Elegant People„, „Between the Thighs„, „Db Waltz“ überzeugten die Ausnahmemusiker Omar Hakim, Bobby Thomas Jr., Gerald Veasley, Rachel Z und Bob Franceschini.

Ein besonderes Highlight war das große Finale, bei dem alle beteiligten Musiker gemeinsam auf der Bühne standen und den Abend mit einer kraftvollen Darbietung von „Birdland“ abschlossen. Der gesamte Abend wurde von Antony Zawinul, dem ältesten Sohn von Joe Zawinul, als Konzertdokumentarfilm unter dem Titel „Joe Zawinul’s Music Odyssey“ festgehalten.

Dieses Konzert war nicht nur eine Hommage an Joe Zawinul, sondern auch ein Beweis für die hohe musikalische Qualität und das Engagement aller beteiligten Künstler, die das Publikum in Grafenegg begeisterten. Mit diesem Abend hat Markus Geiselhart einen Meilenstein der Musikgeschichte gesetzt. Großer Respekt und Kompliment!

Medienstimmen:

„Das westafrikanische „Waraya“ von Salif Keita im 6/8-Puls und Tunes für ein Quintett aus den 70er- und80er- Jahren in acht Wochen Arbeit famos ins Bigband-Format transkribiert und arrangiert hat Markus Geiselhart. Er bewies, dass das, was einem da wie ein Sturm um die Ohren fegt und die Füße wippen lässt, kein Körnchen Staub angesetzt hat. Das Material von Weather Report bis zum weltmusikalischen Syndicate hat bis heute Frischegarantie.“

KURIER, 3.6.2024